Die Erdung
 
 
 
Landschaftspark Herzberge "Die Erdung" by S.J.M.
 
 
 
„Komm mein liebes Kind, komm mit mir in den Wald. Ich habe Angst das du davon fliegst und nicht mehr zurück kommst. Ich sehe es in deinen Augen. Du bist nicht hundertprozentig auf dieser Welt.“ , hörte ich meine geliebte Fabijenna sagen. Ich zog mich an und wir gingen zusammen zum nahegelegenen Wald.
 
„Komm mein Kind, suche dir mal einen schönen alten Baum aus, der nur dir gefällt.“
Das Wetter war traumhaft schön, die Sonnenstrahlen wanderten zwischen den Ästen und Blättern der alten Bäume und schon sah ich eine uralte Eiche die mich stärken sollte. „Das ist der richtige Baum für mich.“, erwiderte ich. „Jetzt gehst du nahe zu dem Baum. Du legst deine Hände auf und bittest den Baum um deine Erdung, die du brauchen wirst, um nicht in den Himmel zu wandern.“ Ich spürte die große Kraft der alten Eiche und bevor ich all dies tat, fing ich im Geist an kurz zu beten. Ich legte meine Hände auf die alte Rinde. Ich spürte diese wellenförmige Borke äußerlich in meinen Händen und die Eichenblätter winkten mir zu, als ginge eine sagenhafte Heilung in mir auf.
 
„Komm mein liebes Kind, lass dir Zeit und versuche dich mit dem Baum vollständig zu verbinden.“ Ich schmiegte mich mit dem Körper regelrecht an den Schorf des alten Baumes. Meine Augen waren geschlossen und fing an die Hingabe zur Natur deutlich anders zu erleben. Jetzt waren die Worte in mir gebunden und ich hätte es früher nicht einmal aussprechen können, wie wunderbar ich mich fühlte. Obwohl ich fest mit beiden Beinen auf den sandigen Boden stand, spürte ich die sagenhafte Stärke in Energie, die mich in fein stofflicher Ebene mit dem Baum zu verbinden begann:
 
Meine Füße gingen direkt in die Tiefen der Wurzeln. Hier konnte ich erfahren wie sich die Wurzel in die Tiefe durch die Erdoberschichten kämpften, um an dass Grundwasser zu gelangen. Erst war der Boden recht trocken und steinig, doch immer tiefer greifend spürte ich das es wässrig wurde. Das Grundwasser war sehr nahe und ich saugte das Wasser in die Blätter bis hin zur Baumkrone. Im etwas unteren Erdbereich wurde es recht modrig.
 
Meine Beine plus mein gesamter Körper waren der Baumstamm. Hier spürte ich die Kraft der Borke, so wie ich mich mit dem Körper angelehnt hatte. Sie bot für das Holz einen besonderen Schutz. Das Splintholz schoss das Wasser langsam zu den Ästen und das Kernholz war fest und uralt, sowie die Jahresringe die sich in der alten Eiche befanden.
 
Nun gingen meine Arme in die mittlere Schicht des Astwerkes. Ich spürte den liebevollen Wind der diese Äste berührten. Die Zweige waren meine Finger. Sinnbildlich dargestellt hätten meine Fingernägel die saftigen Blätter sein können, die sich im Winde des natürlichen Rhythmus bewegten. Auf Erden sah es so aus, als würde das Blattwerk zu mir winken.
 
Mein Kopf schaute aus der prächtigen Baumkrone heraus. Hier war die himmlische Energie deutlich zu spüren und hier sammelte ich die Worte der wunderbaren Erdung, die mir meine geliebte Fabijenna zu jener Zeit gebot. Ich blickte zwischen dem Geäst und den Zweiglein des Laubwerkes auf diese Welt. Und spürte die Vöglein auf den Zweigen herum hüpfen und hörte sie tirilieren. Die Aussicht war fabelhaft. Aus dieser Höhe konnte man vieles beobachten. Und der Geist reckte sich mehrfach zur neuen Erkenntnis der Natur.
 
Als dieses Werk vollbracht war, kam ich in meinem Körper zurück, ich öffnete meine Augen und dankte der Natur. Dankte eine höhere Gegenwart und meiner geliebten Fabijenna, die mir dieses Erlebnis dargebracht hat. Ein Jahr später sollte man nicht glauben das genau diese alte Eiche, im kleinen Wald des Landschaftsparks Herzberge, als Erdung gekennzeichnet wurde. Zwei Jahre später standen wir beide am selbigen Ort. Fabijenna war begeistert, dass dieses Schild mit der Beschreibung „Erdung“ an dieser alten Eiche stand.
 
 
 
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