Traumgeflüster

 

Zusammenhalt - eigene Zeichnung von S.J.M.

 

Ich nahm ein Glas Wasser und trank daraus, als mein Partner mir einige Fragen stellte: „Was ist mit meiner Frau los? Was hast du?“ Meine Blicke wandten sich zu ihm. „Was soll mit mir los sein? Mit mir ist alles in bester Ordnung.“

„Das glaube ich dir nicht. Dich bedrückt doch irgendetwas.“ Ich schluckte ein paar mal das Wasser herunter und fing an zu erzählen. „Der komische Traum lässt mich nicht ruhen. Ich kann machen was ich will, entweder ich vergesse ihn und träume ihn etwas anders noch einmal, oder aber ich beschäftige mich damit tags über in meinen Gedanken und dann kann ich ruhig in der Nacht schlafen.“ Er deutete mit seiner Hand auf die Couch und ich wusste es wurde Zeit für eine kleine Aussprache. Ich saß mich neben ihn hin und nahm seine Hand. „Vielleicht lässt mich der Traum dann ruhen, wenn ich es dir erzähle. Aber ich trau mich das nicht.“ „Doch, doch, wenn du etwas geträumt hast, was mich betrifft, dann solltest du es mir sagen.“ Seine braunen Augen leuchteten und ich begann davon zu berichten:


„Der Traum war noch so lieb. Ich sah dich mit mir zusammen im Wohnzimmer. Du hast dich vor mir gekniet und mir in die Augen geschaut. Du meintest du würdest mich lieben. Aber da war ein kleines zittern zu spüren. Ich erkannte, das da irgendetwas nicht richtig sein konnte. Denn du hast mir in meinem Traum erzählt: „Ich weiß nicht wie ich es dir sagen kann, aber du musst mich loslassen. Meine Welt ist die Politik, da gehörst du nicht hin.“ Danach wolltest du mich nie mehr loslassen. Denn nachdem du aufgestanden bist, hast du mich sehr lange umarmt. Damit erkannte ich deine Liebe zu mir.“

Ich wusste, dass seine schlimme Vergangenheit darin steckte. „Das stimmt, meine Mutter hat immer zu mir gesagt: „ Entweder du nimmst dir eine Frau fürs Leben und hörst mit deiner Partei auf. Oder du entscheidest dich für deine Geschichte in der Politik.“ Leider werden wir immer noch politisch verfolgt von Menschen, die in einer anderen Regierung sind und nicht in der Lage sind, Recht und Gesetz durchzusetzen. Wir versuchen schon seid zwei Jahrtausenden eine vernünftige Stellung zu beziehen und friedlich miteinander umzugehen, um Lösungen, die für uns alle gut sind, zu finden. Aber es ist sehr schwer, denn jeder denkt anders. Wenn ich mich in Deutschland genauer umsehe und von der Politik hier etwas lerne, dann muss ich ehrlich zugeben, dass wir in unserem Land in einer Zeitspanne des Mittelaltertums sind. Wir sind einfach noch nicht weiter gekommen.“, lächelte er. Nun viel durfte der Herr mir nicht erzählen, denn als erster Stelle beschützte er seine eigene Familie. „Ist es richtig das die Haupttriebkraft der Verfolgung im Irak die „Islamische Unterdrückung“ ist?“ Nun hierzu klärte er mich ein wenig mit einem Bleistift und einem Stück Papier auf. Im Prinzip hatte ich Recht.

Ich fing an Spielkarten zu suchen, nachdem wir dieses Thema beendet hatten. Es war in den warmen Sommertagen und ich baute vor seinen Augen ein Kartenhäuschen auf. Und begann ihm zu erklären: „Ich nehme eine Karte für einen Ziegelstein, und das Fundament eines Hauses wird langsam aufgebaut. Die Etagen sind etappenweise, die sich im Leben ständig errichten. Und das Häuschen wird größer. Es wächst mit jeder vernünftigen Stellung in einer Beziehung. Ich würde mir wünschen mit unseren Wertvorstellungen im Leben unser eigenes Häuschen, in unseren Gedanken, zu erstellen. Das so fest ist, wie die alten Mauern vom Kolosseum in Rom.“ Schon stand mein Kartenhäuschen auf dem Teppich. „Ich mag keine flattrige Beziehung aufbauen, denn so könnte nach einem starken Wind unserer Beziehung zueinander brechen.“ Nun krachte das Kartenhaus vom Wind zusammen.

Ich nahm ihn an die Hand und erklärte weiter: „In meinem Traum war noch etwas anderes zu sehen. Ich kenne die Bedeutung. Wenn du dieses Jahr in ein anderes Land gehst, dann wird dir etwas schlimmes widerfahren. Was genau geschehen wird weiß ich nicht. Bitte gehe dieses Jahr nicht fort von mir. Höre bitte darauf, um dir das Übel zu ersparen.“ Anfangs hat er sich an meine Worte gehalten. Doch er konnte es nicht lassen nach Lettland im Winter zu reisen, um ein Teil seiner großen Familie zu besuchen. Am liebsten wäre ich mitgeflogen.

Er war ein Mensch, der gerne mit sich alleine war, um mit dem Geist und seinem tiefen Verstand neue Ideen für die kommenden Zusammenkünfte zu sammeln. Nicht nur für die Politik oder der Wissenschaft, sondern auch für Menschen die ihm nahe standen. Er flog tatsächlich im Winter nach Lettland, und bevor er es mir schildern konnte überkamen ihn Zweifel. „Hast du nicht mehr an meine Worte gedacht, ich weiß du magst allein dorthin fahren, deine Familie wird sich sicher freuen dich nach so langer Zeit zu sehen. Ich wünsche mir auf deine Reise nur das Beste. Bitte komme wieder heil und gesund zu mir zurück.“ So sprach ich mit ihm. „Ich weiß mein Schatz. Wir verstehen uns. Ich verspreche dir, im nächsten Jahr kommt ihr mit mir mit.“

In Lettland begrüßte ihn eine Schwester mit ihren Kindern und sein Vater, die dort ein eigenes Haus gebaut hatten. Das Land war weit. Weit und breit gab es kaum eine andere Wohngelegenheit. Abgelegen in einem kleinen Dorf, das in den Bergen lag. In Menschlichkeit vom warmen Herzen wurden sie zueinander geführt. Diese Familie unterstützten sich in allen Tätigkeiten. Leider verstarb die Mutter der großen Familie schon sehr früh. Immer wenn ich angerufen hatte, kam ich durch die schlechten Wetter bedingten Zeiten kaum durch. Hin und wieder funktionierte das Internet, worüber wir uns Mails schrieben und uns verständigten.

Eines Tages ging er allein zu Fuß, ohne ein Wort seiner Familie zu sagen, auf einem großen Berg zum Friedhof. Wenigstens einmal im Jahr wollte er seine Mutter im stillen Gedenken nahe sein. So wie ich unterhielt er sich mit ihr. Nur konnte er ihre Stimme nicht wahr nehmen oder sie sehen. Hier legte er nach mehreren Kilometern in Marsch Blumen ab, obgleich es in der Kälte war, denn der Schnee bedeckte die Straßen sehr und der Nebel war dicht. Als er zu Hause angekommen war, so sagt man an einem Ort, wo man sich wohlfühlt, war er halb erfroren. Er stand in dem kleinen Flureingang um sich zu entkleiden. Die Haustüren in Lettland gehen nach innen zu den Räumlichkeiten auf. Als sein Neffe nach Hause kam, stieß er mit der Tür den Kopf meines Partners, er kippte um, fiel zu Boden, holte sich einige Schürfwunden am Arm und war für eine geraume Zeit nicht mehr ansprechbar.

Bei mir war es am Abend zu jener selbigen Zeit und ich bekam ein ganz unruhiges, flattriges Gefühl, als würde ich eine schwere Last tragen. Im leichten schwarzen Licht wusste ich, irgendetwas ist geschehen. Ich nahm mein Telefon, wählte die Rufnummer nach Lettland und bekam durch das schlimme Wetter keinen Zugang zum anderen Gesprächspartner. Um mich zu besänftigen atmete ich ein paar mal tief ein und aus. Nachdem eine viertel Stunde vergangen war, versuchte ich mein Glück nochmals. Leider ohne Erfolg. Die ganze Angelegenheit erstreckte sich über mehrere Tage. Also beschloss ich ihn eine Mitteilung über den Mailaccount zuzusenden. Ich musste mich schließlich in Geduld üben und mich um meine Belange bemühen. Schließlich war mein Kind auch noch bei mir. Sie wollte tags über beschäftigt werden.

Genau drei Tage vergingen wie im Fluge, trotz diesem schwermütigen Gefühl das nun leichter wurde. Mein Partner rief mich an, als er diese Mitteilung in seinem Mailpostfach sah. Er erzählte mir noch nichts von dem Vorfall, das in Lettland geschehen war. „Gott sei Dank geht es dir gut.“, meinte ich zu ihm. Ein kleines wispern kam aus seinem Laut: „Mir geht es nicht so gut, ich lag im Bett mit hohem Fieber. Jetzt geht es mir etwas besser. Ich würde mich freuen, wenn wir nicht zu lang miteinander telefonieren würden.“ Schließlich zeigte ich mein Verständnis und war erleichtert ihn zumindest gehört zu haben. Seine Stimme klang noch schwach.

Nur eine Woche später stand er vor meiner Tür. Ich sah eine Platzwunde an seinem Kopf und die Schürfwunden auf seinem Arm. Ich fühlte mich in meinem Partner richtig hinein. „Magst du mir nicht anvertrauen was dir in Lettland widerfahren ist?“ So schlimm wie es auch war, er erzählte mir die kleine Geschichte, die in seinem Urlaub stattfand. Am Ende des Gespräches meinte er: „So langsam bekomme ich Angst vor deinen Träumen.“ Ich fragte: „Wieso?“ Als Antwort bekam ich und im selbigen Moment sprach ich mit ihm: „Bisher sind viele Träume wahr geworden!“ Wir lächelten uns an und nahmen das weitere Leben in die Hand.

 

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